Drahdiwaberl, live in Innsbruck, Austria, 5th October 2001:

Soll ich mein T-Shirt in einem Rahmen gefasst aufheben ?


Schon allein das T-Shirt ist Kunstwerk, der es tragende Autor selbst hat es vorgezogen, doch spätnachtens als Teil dieses Kunstwerkes zu duschen und Ketchup, Fleischreste, Farbspritzer, Schweiß und mehr vom Körper zu entfernen.

Stefan Weber und Drahdiwaberl haben nach 18 Jahren Tirol-Abstinenz Innsbruck zum Ort ihres Kunstwerkes gewählt und einen künstlerischen Höhepunkt geliefert - inmitten einer farblosen Erotikveranstaltung, an der gelangweilte Darsteller ihre monotypen jugendlichen Körper einem gaffenden Publikum zeigten.

Drahdiwaberl gibts seit 1965 und das Bühnenspektakel lasst sich seitdem schwer beschreiben, das spontane optische Element, das spür-, riech-, schmeckbare ist inmitten erstklassiger musikalischer Darbietung einzigartig.

Weber schlägt die Tortung Tiroler Politiker vor, dazu werden von der Band zu Torte statt Wortevon der aktuellen CD auf der Bühne Torten bereitet und das Publikum getortet. Während Sprayback entsteht das Wort Widerstand auf einem riesigen Transparent, doch spätestens nun wird das Publikum zum Teil des Kunstwerkes, die Sprays beziehen die Kleidung der Zuhörer ein. Helmi, einer der Stars von Drahdiwaberl fulminanter Amerika-Tournee 1991 (ein Auftritt in New York), spritzt mit einer Plastik-Kalaschnikow Ketchup, bei Bück Dich wird er zum Sklaven, unerbittlich muß er in der Unterhose auftreten. Die Performance wird extremer, es fliegen die Hendeln, es spritzt Sekt und Bier und es scheint auch für die Band eine Ehre zu sein, den legendären Lodenfreak in Westösterreich aufzuführen. Nachdenklich beginnt Weber die erste Zugabe mit Bussibä, einer ernsten Reflektion über Kindermissbrauch, drastisch inszeniert indem er einen Teddybär ermordet. Doch als ihn seine Band fragt, ob er ein Boring Old Fart (lanweiliger alter Furz) sei, gibt er mit seiner signifikanten Stimme Antwort und schwingt dazu küstlich seine aufblasbare Gitarre.

Drahdiwaberl, live Innsbruck, Austria

Im Interview mit Stefan Weber sehe ich, welche Strapaz der Auftritt für ihn war, dennoch deutet er seine Stoßrichtung gegen die bürgerliche Scheinmoral, Polizei, Bundesheer, Politiker, Boulevard-Presse etc an. Seine Frau sei leider nicht dabei, dafür stellt er mir seine Tochter und Bandmitglieder vor, die sich für meine Ketchupflecken entschuldigen.

Ob ich ihm denn nicht bei der Auswahl eines neuen umhängbaren Phallus helfen könnte, bei der Performance von Lonely Mulatschag, die wohl alles auf dem Erotikmarkt angebotene in den Schatten stellt, ist sein Phallus gestohlen worden.
Es wurde noch ein lustiger Spaziergang. Danke Stefan.

© Wolfgang Morscher

einige Platten von Drahdiwaberl:

Psychoterror, Drahdiwaberl Psychoterror, Drahdiwaberl

Drahdiwaberl, Psychoterror © GIG Records 1981, 6.24923 YP

 

Das letzte Konzert, DrahdiwaberlDas letzte Konzert, Drahdiwaberl

Drahdiwaberl, Das letzte Konzert © GIG Records 1990, GIG 222 154

 

McDonalds Massacre, DrahdiwaberlDrahdiwaberl - Mc Ronalds Massaker
© 1982 GIG Records, 74321 787692

 

 

 

 

 

 

 

 

The Worst of DrahdiwaberlDrahdiwaberl - The Worst of Drahdiwaberl
© 1991 GIG Records, 74321 787712

 

 

 

 

 

 

 

 

Torte statt Worte, DrahdiwaberlDrahdiwaberl - Torte statt Worte
© 2000 Drahdiwaberl Music, Virgin Records LC 10798